Vor ein paar Monaten habe ich schon einmal kurz das (damals noch nicht serienreife) 29er Modell des Schweizer Kollegen Chris Diamond vorgestellt. Jetzt ist das Ganze quasi fangfrisch und verkaufsfähig unter dem vielversprechenden Namen Carat zu haben.
Wie Ihr selbstverständlich wisst, ist jeder Stahlbike-Fahrer, der sich täglich durch den urbanen Dschungel kämpft, die Wüste Gobi durchquert, die Rekordzeiten beim Race Across America pulverisiert, ein paar Alpentrails zu Spazierwegen degradiert oder ganz einfach liebevoll die Kette putzt, ein wahrer Held.
Wenn man an Maßrahmenbauer denkt, schaut man gerne über den großen Teich in die USA, wo sich das Gros der weltweiten Rahmenbauerszene tummelt. Oder nach England und Deutschland, mit vielen jungen und einigen Traditions-Rahmenbauern, die zur (Wieder-)Belebung der Stahlbike-Szene beitragen.
Ich finde ja, dass die Kombination aus schlankem Stahlrahmen und dicken Reifen einen tollen Kontrast und ein optisches Highlight bildet, wie es eben nur diese Kombintion fertigbringt. Das beginnt schon bei klassischen 25,4/28,6 Rahmen mit Schwalbe Big Apples und endet bei den ganz dicken Dingern als Fat Tire Bike.
Wenn ich eh schon bei 29ern bin, dann eben das hier: aus gut unterrichteten Kreisen wurden mir einige Fotos eines Vogel Maß-29ers zugespielt, von denen ich Euch eine kleine Auswahl nicht vorenthalten möchte.
Crema Cycles aka Ken Bloomer aus Füssen war bislang als Brückenkopf von Independent Fabrication und Veranstalter des Handmade-Events Freiburg Collective in Deutschland bekannt. Zumindest Ersteres war einmal: ab jetzt wird unter diesem Namen eine komplette Stahlrahmenpalette für Straße, Cyclocross und härteres Gelände entwickelt – gefertigt von Rahmenbauer Mike Truelove in den USA.
Nach dem Quarterhorse von 2SoulsCycles wird es jetzt eisern in meiner kleinen 29er Preview-Serie: mit dem veloheld.iron. Auch dieses großrädrige Offroad-Gerät ist noch nicht in jedem Detail fix und fertig und kommt wohl erst endgültig im Frühjahr 2012 als Rahmenset auf den Markt und die passenden Singletrails.
Nach meinem Bericht über die etwas müde deutsche 29er (Hersteller-)Szene in Stahl habe ich mich eines Besseren besonnen und starte heute eine Mini-Serie zu den wenigen deutschen 29ern. Denn es gibt sie tatsächlich. Das Einhorn-29er powered by Cubetto habe ich ja schon erwähnt (auch wenn dieses ein Maßrahmen und kein Serienrahmen ist), jetzt sind die Anderen dran.
Nach dem Beitrag über den Steelman Monster Crosser habe ich mir ein paar Gedanken gemacht, wie denn aus meiner persönlichen Sicht das perfekte Alles-in-Einem-Bike aussehen könnte, das Rennrad, Crosser, MTB, Commuter und Reiserad zugleich ist.
Ich glaube ich habe es schon ein paar hundert Mal erwähnt, dass ich bei Bikes weniger auf Spezialisierung stehe, sondern eher auf Generalisierung. Oder auf Deutsch: ich mag Fahrräder, mit denen man so ziemlich alles veranstalten kann, was einem im Hirn und in den Beinen vorschwebt – von der Stadtrundfahrt über das Offroad- und Onroad-Wochenend-Training bis zur Radreise.
Es soll tatsächlich Menschen geben, die nicht wissen, dass Tom Ritchey zu den ganz großen Rahmenbauer-Legenden zählt. OK, das ist entschuldbar, schließlich hat er sich in den letzten Jahren fast ausschließlich als Komponentenhersteller ins Rampenlicht gerückt. Es sei denn, man steht auf Rennräder und Cyclocrosser mit verblüffend einfach teilbarem, reisekompatiblem Stahlrahmen namens Break-Away.
Ob der Osten verrückt ist, sollten die Bewohner meiner Ansicht nach selbst entscheiden. Und das haben sie ja vielleicht, wenn sie einen MTB-Event Mad East Challenge nennen.
OK, OK … ich habe kapiert, dass es vielleicht doch nicht soooo schlecht um die deutsche 29er Szene steht. Das Einhorn 29er komplett aus Columbus Zona (der spezifische 29er Rohrsatz) spricht eindeutig dagegen.
Kleine Ergänzung zum 29er Blog Post: Mitte Juni wird der stählerne, kürzlich auf den Bike Days in Solothurn vorgestellte 29er des Schweizer Kollegen Chris Diamond zu haben sein.
Wenn man durch die Websites amerikanischer Rahmenbauer surft, wird man an vielen Orten von einer Welle an 29ern überrollt: enorm das Interesse und die Kaufbereitschaft amerikanischer Kunden für die stählernen MTB-Modelle mit den langen Beinen.
Stahl-Maßrahmenbauer Curtis Inglis aus Napa/California führt ein offenes Doppelleben. Im einen baut er Rennrad-, MTB-, 29er-, Cross-, Singlespeed- und Tandemrahmen mit herkömmlichen gerade Rohren aus Reynolds, Columbus und 4130 CroMo Rohrsätzen bzw. Kombinationen aus diesen. So weit, so gut.
Man könnte in der jugendlichen Naivität annehmen, dass sich die Topografie eines Landes irgendwie auf die dort hergestellten Produkte auswirkt. So liegt die Vermutung nicht unbedingt fern, dass im mittel- und hochgebirgigen Deutschland die Hersteller von Stahl-MTBs ein gern gesehenes Zuhause (und entsprechende Käuferschichten) finden könnten.
Die meisten Radhersteller bauen weiterhin den klassischen Kettenantrieb an ihre Räder. Macht nichts. Das war so, ist so und wird noch eine Weile so bleiben. Manche addieren inzwischen auch Modelle mit Gates Riemenantrieb hinzu, man muss ja up-to-date bleiben. Das Ganze konzentriert sich dann auf relativ klar definierte Einsatzbereiche wie etwa der Fixie Inc. Peacemaker Singlespeeder, das Veloheld Path Urban MTB oder das VSF T-Belt Trekkingbike (und viele mehr). Auch gut. Man muss ja nicht übertreiben.
Nahezu jeder große Markenhersteller hat inzwischen Fahrräder für Frauen mit angepassten Geometrien, Rahmenkonstruktionen und Komponenten im Sortiment – auch im Rennrad- oder MTB-Bereich. Im Cityrad-Segment ist das ohenhin schon lange Normalität. Eine Normalität, die besonders stylish auch von vielen der neuen, kleineren Marken wie Retrovelo oder Bella Ciao übernommen und unterschiedlich interpretiert wird.
Rob English fährt Rennen. Recht ernsthaft, was ihm u.a. den Titel des Zeitfahrchampions in Oregon eingebracht hat. Nebenbei ist er auch noch Maßrahmenbauer. Diese Kombination bietet einen Hinweis darauf, dass er seine Entwürfe gerne renntauglich auslegt, bei Bedarf recht gute Ideen für Zeitfahrer hat und es auch gerne ein paar Gramm weniger sein dürfen. Das ist aber nicht immer so, denn letztendlich baut Rob wie jeder gute Rahmenbauer das, was seine Kunden wünschen und brauchen. Und ebenso wie jeder gute Rahmenbauer verfügt er über einen unverwechselbaren Stil, der ihn aus der Masse heraushebt und der auch bei der Kaufentscheidung hilft.
Surly’s inoffizieller Claim „Bikes for the rest of us“ gefällt mir nicht nur als Texter. Er besagt u.a., dass es auch für die Radler einen coolen, (noch) nicht alltäglichen und qualitativ adäquaten Stahlrahmen gibt, denen ein Maßrahmen bzw. sehr hochwertiger Produktions-Rahmen zu teuer oder schlicht zu wertvoll fürs tägliche Biken sind.
Eines von nicht sooooo vielen echten Eurobike-Highlights war für mich der kleine, aber inhaltlich besonders feine Stand von stijncycles auf dem Freigelände.
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