Kaufratgeber Folge 1 – Welcher Radtyp ist der richtige für mich?

Wir wurden schon häufig gefragt: Welches Rad soll ich mir kaufen? Worauf muss man beim Kauf am meisten achten? Woher weiß ich, was ich brauche? Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen eine kleine Kaufratgeberserie zu machen, die die wichtigsten Fragen beim Kauf eines Fahrrads mit einem Rahmen aus Stahl beantwortet. In der ersten Folge geht es um den richtigen Radtyp.

Erst neulich berichtete eine befreundete Zweiradmechanikerin, dass es in dem Radladen, in dem sie arbeitet, immer mehr dazu kommt, dass Kundinnen und Kunden nach Gravel-Rädern fragen, aber eigentlich kein Fahrrad mit Unterlenker haben wollen und am Ende gehen sie zufrieden mit einem klassischen Trekkingrad nachhause. Mit den Infos aus der heutigen ersten Folge möchten wir die Kaufentscheidung soweit vorbereiten, dass man selbst herausfinden kann, welcher Radtyp, der richtige für einen ist.

Bombtrack Hook Adv Orange Komplettes Fahrrad 2020 - Bombtrack
Noch ein Gravel-Bike mit Federgabel oder schon ein MTB mit Unterlenker? (Quelle: Bombtrack)

Die Fülle an verschiedenen Radtypen kann für Neulinge schlicht und ergreifend überwältigend sein: Rennrad, Randonneur, Cyclocrosser, Gravel-Bike, Allroader, Tourenrad, Trekkingrad, Stadtrad, Urban-Bike, Crosscountry, Allmountain, Enduro, Cargo etc – nur um einige zu nennen. Umso wichtiger ist daher, dass man sich klar macht, wofür man das neue Rad verwenden möchte. Hier findet ihr eine kleine Übersicht (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Quelle: Standert

Rennrad und Fitnessbike
Möchtest du dich einer örtlichen Rennradgruppe anschließen oder ist dir völlig klar, dass das neue Rad (fast) ausschließlich im Trockenen sportlich auf Asphalt bewegt wird? Dann ist dir sicherlich ohnehin bewusst, dass das Rennrad das richtige Rad für dich ist. Solltest du mit Unterlenkern nicht zurechtkommen oder aus medizinischen Gründen aufrechter sitzen müssen, dann ist das Fitnessbike eine gute Alternative zum Rennrad. Fitnessbikes sind meistens mit Rennradschaltgruppen ausgestattet, haben aber einen geraden Lenker. Rennräder sind zur sportlichen Ertüchtigung gedacht und verfügen in der Regel nicht über Aufnahmen für Gepäckträger oder Schutzbleche. Spezielle Schutzbleche und Racks für Rennräder sind meistens ein Kompromiss. Klassischerweise sind Rennräder mit Felgenbremsen ausgestattet, Scheibenbremsen werden aber immer beliebter – sind allerdings am Rennrad kein „Muss“.

der Randonneur – meerglas
Quelle: Meerglas

Randonneur
Wenn du zwingend Schutzbleche und auch Gepäckträger brauchst, aber nicht auf die sportliche Sitzposition eines Rennrads verzichten möchtest, ist der Randonneur das Rad der Wahl. Randonneur ist französisch für Wanderer. Dieser Typ Fahrrad hat in Frankreich eine lange Historie, die eng mit den Langstreckenfahrten – Brevets – verknüpft ist. Aufgrund der Schutzbleche und Gepäckträger eignen sie sich auch ideal als sportliche Alternativen für den Arbeitsweg oder auch größere Radreisen. Durch Drittanbieter von Schaltgriffen wie cinq kann man die Vorteile von integrierten Schaltungen von Pinion und Rohloff mit Unterlenkern verbinden. Traditionell hatten Randonneure Langschenkelfelgenbremsen. Aufgrund der deutlich höheren Bremskraft haben sich auch hier Scheibenbremsen weitgehend durchgesetzt.

Metropolitan Trekkingrad | Tout Terrain
Quelle: Tout Terrain

Trekkingbike, Tourenrad oder auch Reiserad
Der deutsche Klassiker ist das Reiserad. Praktisch ausgestattet mit allem, was man braucht, um einmal um die Erde zu fahren. Egal ob Kettenschaltung, Pinion oder Rohloff – Trekkingbikes sind für möglichst lange Wartungsintervalle und jedes Wetter gemacht. Schutzbleche und Gepäckträger sind ein Muss. Darüber hinaus sind Tourenräder häufig mit Dynamos zur Beleuchtung und zum Laden der Akkus sowie einem Fahrradständer ausgestattet. Über die Notwendigkeit von Fahrradständern und auch Federgabeln wird seit Jahren leidenschaftlich diskutiert. Am Ende muss jeder für sich zwischen Komfort und Gewicht abwägen. Lange schien es so, als könnte sich die Reiseradwelt dem Trend zu Scheibenbremsen erwehren. Doch seit ein paar Jahren hat sich diese Art zu bremsen auch hier weitgehend durchgesetzt. Im Gegensatz zum Randonneur sitzt man auf dem Trekkingbike deutlich aufrechter (und damit komfortabler und weniger sportlich) und auch eine Federgabel wird man an einem Randonneur eher vergebens suchen.

Quelle: Repete

Gravel-Bike und Allroad-Bike
Möchtest du nicht nur auf Asphalt sondern auch über Stock und Stein, Schotter und Staub sportlich wie auf einem Rennrad fahren, dann ist das Gravel-Bike das Richtige für dich. Gravel-Bikes sind im Moment der Trend in der Fahrradbranche und das nicht ohne Grund. Wie es allerdings bei Hype-Themen immer so ist, versteht jeder etwas anderes darunter und vieles wird kurzerhand umgelabelt, damit es gut vermarktet werden kann. Gravel-Bikes oder auch Allroad-Bikes sind plump gesagt Rennräder mit etwas mehr Reifenfreiheit (bis zu 50mm). Sie haben eigentlich ausnahmslos Scheibenbremsen und Unterlenker (häufig mit etwas Außenwölbung, dem sogenannten Flair). Gravel-Bikes sind damit äußerst vielseitig einsetzbar. Um diesem Umstand zusätzlich Genüge zu tun, haben die meisten (aber nicht alle!) Gravel-Bikes Ösen und Aufnahmen für alle Arten von Gepäckträgern, Schutzblechen sowie Wasserflaschen am Unterrohr und Anything-Cages an der Gabel (Bikepacking!!). Damit ist der Übergang zu modernen Randonneuren bereits fließend. In letzter Zeit sieht man auch immer häufiger Federgabeln, versenkbare Sattelstützen, Softails (Hinterraddämpfungen) oder auch Nabendynamos an Gravel-Bikes – je nach Verwendungszweck des / der jeweiligen Fahrers / Fahrerin. Das Gravel-Bike ist dadurch auch das perfekte Um- und Einstiegsrad. Wer bisher Rennrad gefahren ist, kann sich neue Wege abseits der asphaltierten Straße erschließen. Wer bisher Mountainbike gefahren ist, kann auf Schotter und Asphalt flotter unterwegs sein. Und wer komplett neu im Radsport ist, kann sehr viele Bereiche mit einem Fahrrad abdecken. Mit zwei Laufradsätzen – einem für die Straße und einen fürs Gelände – verzichten mittlerweile auch zunehmend mehr Fahrerinnen und Fahrer auf ein Rennrad.

The Von Hof Steel ACX cyclocross bike is bult in the U.S. with Columbus steel. © C. Lee / Cyclocross Magazine
Quelle: CXmagazine.com – VonHof

Cyclocrosser
Ist das nicht das Gleiche wie ein Gravel-Bike? Nein! Cyclocrosser sind Sportgeräte und für den harten Einsatz im Cyclocross gebaut. Sie verfügen daher über keine Aufnahmen für Schutzbleche, Gepäckträger und haben eine andere Geometrie (aggressiver und sportlicher) als Gravel-Bikes. Traditionell waren sie mit Cantilever-Bremsen ausgestattet – auch hier: heutzutage ausschließlich Scheibenbremsen. Möchte man einen richtigen Stahl-Cyclocrosser haben, hat man eigentlich keine Alternative mehr zum Custom-Rahmenbauer. Die meisten Stahl-Cyclocross-Modelle wurden in den letzten Jahren (aufgrund des wachsenden Marktes) zu Gravel-Bikes umgeändert.

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Quelle: Quirk

Adventure- und Cross-Bike
Eine Kategorie, die neben Gravel-Bikes immer mehr an Beliebtheit gewonnen hat, sind die sogenannten Adventure-Bikes. Ähnlich wie Gravel-Bikes sind sie für Reisen (Bikepacking) und wie der Name schon sagt Abenteuer gemacht. Sie verfügen in der Regel über flache oder gerade Lenker – einige Hersteller bieten allerdings auch Adventure Bikes mit stark nach außengewölbten Unterlenkern (Dropbars mit viel Flair) an. Im Prinzip handelt es sich bei Adventure Bikes um Hardtail Mountainbikes (also MTBs ohne Hinterradfederung) mit vielen Möglichkeiten Gepäck zu befestigen. Ähnlich wie bei Gravel-Bikes sieht man bei einigen Adventure-Bikes versenkbare Sattelstützen, Federgabeln, Nabendynamos und Softtails. Der Hauptunterschied zu Gravel-Bikes liegt in den verbauten Schaltungen – MTB-Schaltung bei Flatbars und Mullet-Schaltungen (Hybride aus Rennrad- und MTB-Schaltungen) bei Dropbars.

Sweet Spot Steel Hardtail — Sklar | Handmade Bicycle Frames. Mountain,  Cyclocross bikes built to order.
Quelle: Sklar

Hardtail-MTB
Auch wenn sich Mountainbikes ohne gefederten Hinterbau prinzipiell auch genau wie Adventure-Bikes zum Bikepacken und für Radreisen eignen, nehmen wir hier eine Differenzierung vor: sie sind für den sportlichen Einsatz gedacht und verfügen nicht über all die Aufnahmepunkte und Ösen. In die Untiefen der MTB-Welt wollen wir an dieser Stelle nicht eintauchen. ;-)

Das Bike aus dem 3D-Drucker: Huhn Cycles Moorhuhn 129-Trailbike
Quelle: Huhn

Full Suspension MTB
Ledliglich vollgefederte Mountainbikes sollen an dieser Stelle noch Erwähnung finden. Egal ob Enduro, AllMountain, CrossCountry oder Downhill – für jede Disziplin gibt es das passende MTB. Während die meisten Stahlrahmen-Anbieter mindestens ein Hardtail im Angebot haben, ist die Auswahl für Stahl-Fullys deutlich eingeschränkter.

Urwahn bei Finest-Bikes in Starnberg bei München oder online kaufen //  Fahrrad und Zubehör // Bikes and Parts // Onlineshop
Quelle: Urwahn

Urban-Bike und Stadtfahrrad
Diese Kategorie ist wahrscheinlich am ungenauesten, da fast alle oben beschriebenen Radtypen auch in der Stadt verwendet werden können. Meist sind Stadträder für Asphalt (profillose Reifen) und relativ kurze Strecken (wenige Gänge) optimiert. Sie verfügen auch immer häufiger über einen E-Motor, um den Arbeitsweg so schweißfrei wie möglich zu gestalten – Ja, es gibt E-Bikes aus Stahl. Für Frauen haben Stadträder häufig einen tiefen Einstieg (sogenannte Trapez- oder Mixte-Rahmen), während beim Mann nach wie vor der klassische Diamant-Rahmen dominiert. Aufnahmen für Schutzbleche für die täglichen Fahrten gehören meist genauso dazu wie Gepäckträger, Lichter und Dynamos. Um bei Dieben keine Begehrlichkeiten zu erwecken, sind viele Stadträder allerdings auch sehr schlicht gehalten und in ihrer Ausstattung (z.B. Singlespeed und Stecklichter) reduziert.

Elian Cycles - Handcrafted Cargobikes
Quelle: Elian

Cargo-Bike und Lastenfahrrad
Last but not least: Das etwas andere Stadtfahrrad ist das Lastenrad. Das Lastenrad ist ideal für all jene, die regelmäßig größere Mengen transportieren müssen und damit auf ein Auto verzichten wollen. Mehr wollen wir an der Stelle zu Lastenrädern nicht schreiben, da wir demnächst noch einen detaillierten Artikel zum Thema Cargo Bikes bringen werden.

Wir hoffen, der kleine Exkurs war interessant und lehrreich. Vielleicht war ja auch die eine oder andere neue Information für euch dabei. Wir würden uns auf jeden Fall freuen, wenn ihr uns einen Kommentar da lassen würdet. Wir möchten abschließend nochmal betonen, dass es natürlich noch deutlich mehr Radtypen da draußen gibt: z.B. das Cercle. ;-)

Quelle: Cercle

0 Kommentare zu “Kaufratgeber Folge 1 – Welcher Radtyp ist der richtige für mich?

  • Eine schöne und sicherlich hilfreiche Übersicht, bei der eigentlich nur eine grundlegende Frage etwas untergeht: Willst Du nur bei Sonnenschein fahren oder bei jedem Wetter und zu jeder Uhrzeit? Also ohne oder mit Licht und Schutzblechen (langen Schutzblechen!, siehe die Randonneuse)(nur damit bleiben die Füße wirklich trocken). – Außer bei Geländerädern, ob Cross oder MTB, ok.

  • @Johannes: Wobei Licht per (Naben)dyname oder Batterie eher Geschmackssache ist heutzutage. Sind einer Weile sind Batterielampen ja endlich auch in Deutschland generell erlaubt, und moderne LED funktionieren super. Und damit kann man dann jedes Rad ausrüsten, ohne damit die Radwahl zu beeinflussen.
    Bei Schutzblech geb ich Dir Recht, wenn man es generell gern immer dran hat (in der Stadt aber auch sonst), ist zumindest ein Rahmen der die Montageösen hat hilfreich. Wenn nicht, kann man sich aber auch da meist irgendwie behelfen.

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