Vielseitigkeitsprüfung: Rennräder mit Stahlrahmen im TOUR-Test

Viele von Euch haben es sicher schon selbst gelesen: In der aktuellen Ausgabe der TOUR 8/2013 findet sich ab Seite 38 ein hübscher Vergleichstest hochwertiger Rennräder mit Stahlrahmen. Ich möchte hier die Testwerte bzw. Testurteile gar nicht wiederholen, da ich der TOUR den Umsatz gönne und ich die Zahlenspiele ohnehin nicht besonders mag. Aber drei Anmerkungen möchte ich doch loswerden.

1) Die Auswahl der Testräder zeigt, welche enorme Vielfalt an Konzepten der Werkstoff Stahl bietet – konstruktiv, optisch und einsatzspezifisch – von klassischen Varianten für den Genussradler bis zum High Performance Rennrad für die Härtesten unter der Sonne.

2) „Wir haben sogar Kunden, die bereits Carbonrahmen gefahren sind und dann zu einem Stahlrahmen zurückkehren. Einfach weil sie auf der Suche nach etwas Bleibendem sind.“ Dieses Zitat des deutschen De Rosa Importeurs macht deutlich, worum es vielen Stahlrahmen-Kunden geht: weg vom kurzlebigen Mainstream hin zum zeitlosen Dauer-Begleiter mit individueller Strahlkraft.

3) „Die Fahrstabilität (des Ritchey Road Logic, Anm. d.Red.) liegt auf dem Niveau von Columbus‘ legendären SLX-Rohren – nach heutigen Maßstäben unterdurchschnittlich, aber kein Grund zur Panik. Schließlich waren Generationen von Rennfahrern mit solchen Modellen glücklich.“ Stimmt, und da ich und die meisten meiner Blogleser inzwischen nicht zu Watt-Monstern mutiert sind, dürften wir auch heute solche (gut verarbeiteten) Rahmen nicht einmal annähernd an ihre Grenzen bringen – womit ich mich keineswegs als fortschrittsfeindlich outen möchte. Im Gegenteil: was die neuen Stahl- und Edelstahl-Rohrsätze leisten können, ist toll. Nur sollten Testwerte nicht den Blick aufs Wesentliche vernebeln: Gefällt mir das Rad? Und passt es zu meinem Fahrstil?

Hier nochmal die 6 Kandidaten im Überblick (im Bild sind nicht immer die konkreten Testbikes!):

Crema Cycles Doma

De Rosa Corum

Gios Steel Master

Sven Krautscheid Projekt 2013

Ritchey Road Logic

Tommasini Tecno

VANDEYK Purple Blast

0 Kommentare zu “Vielseitigkeitsprüfung: Rennräder mit Stahlrahmen im TOUR-Test

  • Mhh, Schade, ich kann mich erinnern, das Du hier mal RR vorgestellt hattest (gab es auch als Rahmenset für c.a. 1300 €), das sich durch extraordinär/inflationär genutztes hydroforming ausgezeichnet hatte (wen mich nicht alles täuscht, hatte selbst ein Rennradteam die zumindest beim Training wieder unterm Arsch gehabt).

    Nicht falsch verstehen, aber Tradition hin oder her, mich würde es sehr viel mehr interessieren, wenn bei Stahlrahmen endlich mehr Fertigungstechnik und neue Legierungen Einzug halten würde, denn ich denke das Stahlrahmen noch nicht am Ende des möglichen überhaupt mal vorbei gesehen haben.

    Aus irgend einem Grund allerdings sträuben sich die Hersteller irgendwie mitzuziehen, durchaus allgemein gehalten (über alle Genres hinweg).

  • Ich denke, dass der Markt einfach zu klein ist, um viel Geld in Weiterentwicklungen zu stecken. Die Edelstahlrohrsätze (Reynolds 953 und jetzt auch 931) und Columbus XCr sind m.E. schon ein großer Schritt gewesen, aber ob da noch einmal so ein großer Entwicklungsschritt passiert, ist sicher fraglich.
    Aber es ist eine interessante Frage, die ich mal im Rahmenbauforum stellen werde, wo ja auch ein paar Rahmenbauer mitmischen, die näher an den Rohrproduzenten sitzen.

    Viele Grüße
    Iwo

  • Schön, dass Tour wieder einmal Stahlbikes getestet hat – nur die Auswahl war leider etwas realitätsfremnd. Es gibt doch so viele Bike Marken die leistbare Stahlrahmen in hoher Qualität anbieten – warum wird der Schwerpunkt dann auf Exoten gesetzt die theoretisch schön und gut sind, aber praktisch entweder nicht erhältlich oder astronomisch teuer sind? Ich glaube wir müssen uns davon verabschieden Stahlbikes immer als teure Exoten zu sehen. Marken wie Genesis UK, Salsa, Cotic, Condor etc. bieten wunderbare Stahlrahmen „von der Stange“ an.

  • Der Punkt ist wahrscheinlich, dass die TOUR überhaupt nur über Stahlrahmen berichtet, wenn es exotisch und außergewöhnlich wird. Ich gebe Dir Recht: es gibt genug andere Marken, die man sich näher anschauen könnte. Aber ich fürchte, dass diese Marken und Bikes kaum einen TOUR-Leser und Carbonfahrer hinter dem Ofen vorholen.

    Schade, aber das ist wohl einfach die Realität.

    Viele Grüße
    Iwo

  • Naja die Rohrsätze sind schon interessant, gebe ich zu, aber das letzte bei den Rohrverformungen waren irgendwie Tropfenform und Querovalisierung bei den Tretlager/Steuerrohranschlägen. Tapered Steuerrohr auf 1 1/5 Zoll sehe ich in Stahl z.B. nicht, hydroforming ist möglich und schon gesehen, aber warum sehe ich beides z.B. nicht bei einem VSF Rahmen? Ist s-förmiges bei Sitz und Kettenstrebe nur der Aludimension geschuldet, oder könnte es nicht auch Stahl etwas mitbringen?

  • Ist ja immer die Frage, was es bringen soll. Muss man ja kein exzessives Hydroforming betreiben, wenn man mit runden und ovalen Rohren einen steifen und leichten Rahmen hinbekommt. VSF braucht das sicher nicht. Wer würde denen das bezahlen. Der Papierform nach ist der vor 4 Jahren von der Tour getestete Norwid Skagen nach wie vor eine Referenz. Was braucht radler mehr, wenns Stahl sein soll? Mit einigen der getesteten Rahmen kommt ein 20 Jahre alter Herkelmann immer noch gut mit. Insofern frag ich mich eher, was die konkreten Entwicklungsziele bei den getesteten Rahmen waren.

    Die Jungs von Genesis bloggen weiter fröhlich von ihrer innigen Zusammenarbeit mit Reynolds, die das 953 jetzt auf 0,2 mm Wandstärke abmagern. Dann haben wir – vielleicht? – auch bei Stahlrahmen ein Coladosenproblem. Aber der Volare Profirahmen aus Stahl ist allemal ein interessantes Projekt, bei dem sich das Hinschauen lohnt. Mit etwas Glück und PR-Geschick sehe ich da Potenzial für mehr Interesse. Muss man ja nicht alle Verformungen der Alubranche mitmachen.

  • Was es bringt, mhhh, weniger Gewicht bei gleicher Steifigkeit, oder bei gleichem Gewicht höhere Werte – z.B. für XXL Rahmen mit dann höheren Gewichtslimits; oder für weniger ideale Rahmenformen als Diamant, denke da an Mixte (als Lastenversion, oder Porteur), Schwanenhals, Hollandrad. Für die Optik vielleicht auch was für organisch wirkende Übergänge, wo man dann nicht mehr sieht, wo das eine Rohr aufhört und das andere anfängt (dürfte billiger sein, als Auftragslöten, meinst nicht auch). Es gibt im Alubereich auch hydroformte Rohre, wo eine Nut die außen verlegten Züge aufnimmt (ähnlich wie bei manchen Rennradbügeln). Wenn ich an Gabeln denke, könnte hydroforming da interessante Möglichkeiten eröffnen, speziell was den Gabelkopf angeht. Oder wegen der höheren Anforderungen bei Gates, könnte man so das Gewicht wieder drücken und trotzdem die Spezifikationen einhalten.

    Mir fällt da durchaus einiges ein, wozu das gut sein kann und hydrofmring ist ja eigentlich nur etwas für den Massenmarkt.

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