Sound of Silence: Simpel Optimist Randonneur im Test

Der Simpel Optimist Randonneur war meines Wissens nach das erste Serienbike weltweit mit Stahlrahmen, Rennlenker, Alfine 11 Nabenschaltung, Versa VRS-11 Brems-/Schalthebeln, Scheibenbremsen und Gates Riemenantrieb. Lauter gute Gründe für mich, diese spannende Kombination einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und einem Praxistest zu unterziehen. Das Testbike wurde mir netterweise vom deutschen Simpel Testcenter in Freiburg bzw. Geschäftsführer Peter Goldbeck zur Verfügung gestellt.

Ausstattung: Hier ist gleich zu sagen, dass der oben genannte Komponentenmix nur eine von unzähligen Optionen ist. Der Optimist ist auch mit Alfine 8 oder Rohloff sowie mit Kette statt Gates Riemen und mit Flatbar bzw. Riser zu bekommen. Das Testrad war mit Gates Riemen, Alfine 11, mechanischen Avid BB7 Road Scheibenbremsen, SON-Lichtanlage, Tubus Gepäckträger, Schwalbe Marathon Racer Reifen, SKS-Schutzblechen und ProXLT Lenker/Vorbau/Sattelstütze bestückt. Wie immer montierte ich auch hier zur Testfahrt meinen unverzichtbaren Selle An-Atomica Ledersattel.

Qualitätseindruck: Das Komplettrad macht einen absolut hochwertigen Eindruck. Der Stahlrahmen aus doppelt konifizierten CroMo-Rohren bietet makellose Schweißnähte und die mächtige, aber harmonisch zum Rahmen passende CroMo Unicrown-Gabel verfügt über Lowrider-Ösen. Die Zugverlegung ist praktisch und schnickschnackfrei.

Als Pulverschichtung steht die komplette RAL-Palette zur Auswahl, die Komponentenauswahl wirkt solide und passt zum Rad. Auch hier kann je nach Geschmack und Budget bei Lichtanlage, Gepäckträger, Pedalen, Sattel und Reifen jeweils aus zwei oder mehr Varianten gewählt werden.

Testfahrt: Der relativ starke Oberrohr-Slope meines Testbikes in Größe L (S, M, L, XL verfügbar) ermöglicht ein relativ langes Steuerrohr und eine komfortabel-sportliche Sitzposition ohne ausufernde Spacertürme. Dank starker Geometrie-Ähnlichkeit zu meinem Vogel Randonneur fühlte ich mich auf Anhieb zu Hause.

Die rund 16kg Gewicht (mit Schutzblechen, Gepäckträger, Hebie Seitenständer und Lichtanlage) waren im Grunde kaum zu spüren. Die Kraftübertragung ist hervorragend, der lange Radstand lässt den Optimisten äußerst stabil geradeaus laufen. Die Lenkung vermittelt bei jedem Tempo ein sicheres Gefühl und ist eher von der gutmütigen Sorte, was man gerade bei Nutzung eines Lowriders mit Taschen mögen dürfte.

Der Stahlrahmen plus Gabel schafft einen gelungenen Spagat aus Komfort und Steifheit. Die dicke Stahlgabel mit leichter Vorbiegung ist überraschend komfortabel und der sehr ausladende Hinterbau lässt das Bike gut beschleunigen und bietet das Extra an Sicherheit beim Taschentransport.

Der Simpel Optimist bewältigte die Testfahrt schnell und mühelos. Flachstücke mit 30km/h, 9% Steigungen und Abfahrten bei 45km/h auf schlechtem Asphalt wurden lässig glattgebügelt. Die 30er Schwalbe Marathon Racer rollten und dämpften dabei sehr gut. Die Avid BB7 Road mit 180er Scheiben verzögerten sanft dosierbar und auf Wunsch auch gerne mal heftig.

Zum Hinterbau ist folgendes anzumerken: Beim Optimist sind die Scheibenbremsaufnahmen und Ausfallenden nicht in die Kettenstreben integriert. Stattdessen kommen spezielle Schlitten zum Einsatz, mit denen auch der rahmenunabhängige Einsatz von Riemen- und Kettenantrieb ermöglicht wird.

Diese Konstruktion innerhalb der Kettenstreben lässt den Hinterbau sehr breit werden, was einerseits Stabilität verschafft, andererseits die Fußfreiheit begrenzt. Bei meiner Fußstellung und Schuhgröße 45 stieß ich gelegentlich mit der linken Ferse an die Kettenstrebe. Dies war zwar nicht gefährlich, aber ein wenig irritierend und hängt natürlich auch mit meiner individuellen Fußstellung zusammen.

Interessant wird es vor allem beim Antriebskonzept: Die Kombination aus Alfine 11, Versa Hebeln und Gates Riemen war für mich etwas komplett Neues. Die Versa Hebel machen qualitativ einen etwas „einfachen“ Eindruck, funktionierten aber tadellos. Während der kleine Hebel eher ein Knopf ist, empfand ich den Hebelweg des großen Hebels als seeeehr lang, so dass Gänge beim unkonzentrierten Betätigen gelegentlich nicht einrasteten. Das ist durch ein wenig bewussteres Schalten zu vermeiden. Fahrer mit kleinen Händen könnten hier aber Probleme bekommen.

Die Ergonomie der Griffe lässt sich natürlich nicht mit Campa Ergopower vergleichen, störte mich jetzt aber weniger. Insgesamt würde mich interessieren, ob der etwas laue optische und haptische Qualitätseindruck evtl. durch einwandfreie Funktion in Dauertests relativiert wird.

Die Alfine 11 bietet für Flach- und Mittelgebirgsfahrten ausreichend Gangspreizung, könnte manche Fahrer mit viel Gepäck aber schnell an die Grenzen der Steigfähigkeit bringen. Hier hat die Rohloff mehr Berggänge zu bieten. Das Zusammenspiel aus Versa-Hebeln und Alfine funktionierte (bis auf den langen Hebelweg) absolut problemlos.

Beim Gates Riemen fällt während der Fahrt vor allem eins auf: NICHTS. Er ist quasi unhörbar und erzeugt mit dem leisen Nabenantrieb ein faszinierendes Gefühl des Gleitens, das man jedoch auch als „charakterlos“ oder „zu perfekt“ interpretieren könnte. Insgesamt hat mich das Antriebskonzept aber überzeugt.

Fazit: Der Simpel Optimist Randonneur ist kein Rennrad mit Tourenoption, sondern ein Reiserad mit Fitnessoption. Man kann ihn wirklich als Allrounder nutzen: als Fitnessbike für die schnelle Runde am Abend, als Tourenbike für den Wochenendausflug mit leichtem Gepäck und als vollwertiges Reiserad für die große Tour mit viel Gepäck. Der Stahlrahmen ist steif, komfortabel und besitzt ausreichend Reserven für Schwerstladungen. Die flexiblen Ausstattungsoptionen „ab Werk“ bieten dabei freie Wahl für jeden Fahrertyp.

Wer allerdings Wert auf leises Kettensurren und das satte Klacken der Rohloff Speedhub inklusive Kaffeemühle legt, sollte den Ausstattungsmix überdenken. Denn der „Sound of Silence“ wird nicht jedem gefallen.

0 Kommentare zu “Sound of Silence: Simpel Optimist Randonneur im Test

  • Ein Hinweis auf die neue Alfine 11 Di2 wäre aber nicht schlecht gewesen in dem Zusammenhang. Immerhin kommen mit dieser elektrisch schaltbaren Version nämlich auch STIs direkt von Shimano für diese spezielle Alfine 11 Version, zudem gibt es auch für fFatbars ein kleinen Schalter, was für eine Komplettierung von STI und Obergriff mit jeweils Schalt wie auch Bremsmöglichkeit alles böte (Batterie Di2 like oder eine Sattelrohrversion).

    Zudem arbeitet ja Mittelmayer immer noch an seiner STI Version für Rohloff, die dann sogar mit hydraulischen Bremshebeln kommen soll (Magura) – waren eigentlich für diesen März angekündigt, scheint sich aber zu verzögern. Halt als weitere interessante Möglichkeit für die Rohloffrennradfahrer.

  • Sehr schön. Klar wird das ganze sicherlich nicht zu Hause zusammengebruzelt aber die wichtigen Vorüberlegungen scheinen zu stimmen.
    Leider kann man kaum Geometriedaten auf der Herstellerseite finden.

    Frage, wie war das mit der Kettenstrebe?? Die ungewöhnlich große Biegung kann man sehr gut erkennen. Nun habe ich noch eine Schuhgröße größer als Du. Mein Fuss sitzt während der Fahrt meistens dort wo er soll, nämlich auf dem Ballen. Würde ich da Probleme bekommen? Was denkst Du?

    Super Blog!

    Grüße

    t.

  • Hi Tom,

    das kann nur eine Testfahrt zeigen. Es ist sicher weniger die Schuhgröße als die Fußstellung auf dem Pedal, die entscheidet. Ich fahre links mit einer leichten Drehung der Ferse nach innen. Rechts war bei mir alles OK. Da hilft wirklich nur ein Test.

    Viele Grüße
    Iwo

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