Über den letzten Winter machte ich mir ein paar Gedanken, wie ich das Stahlrahmen-Blog ein bisschen erweitern könnte, um es für Euch noch interessanter zu machen. Ich beschloss, im Frühjahr einige kleine Hersteller von Stahlbikes anzusprechen, um Ihnen Testfahrten Ihrer Bikes und entsprechende Testberichte anzubieten – natürlich vollkommen subjektiv und ohne jede Verpflichtung gegenüber dem bzw. ohne jede Bezahlung durch den Hersteller.
Das Ganze gestaltete sich zeitlich (von meiner Seite) und organisatorisch (von Hersteller- bzw. Bike-Shop-Seite) schwieriger als gedacht und so konnte ich mein erstes Testbike erst jetzt unter die Lupe bzw. den Hintern nehmen. Testbike Nr. 1 ist ein Exot, der viele von Euch überhaupt nicht interessieren dürfte. Aber wer weiß, was Euch so alles im Kopf herumschwirrt …
Heute geht es also um das i:SY take:it Steel Minibike, über das ich vor kurzem schon einen kurzen Bericht geschrieben habe. Als Konsequenz dieses Blog Posts wurde mir vom Hersteller gleich ein Testbike angeboten, das ich natürlich nicht ablehnen wollte.
Das i:SY take:it Steel Testbike wurde mit Shimano Nexus 8-fach Nabenschaltung und hydraulischen Magura HS33 Felgenbremsen geliefert, Serien-Heckgepäckträger von Racktime, optionalem Frontgepäckträger von Tubus (auch Lowrider-Ösen sind an der Stahlgabel vorhanden), optionalem Brooks Ledersattel und Lenkergriffen, kompletter Lichtanlage, Speedlifter Lenker-Höhenverstellung, Seitenständer sowie Klapp-Pedalen. Allerdings ist die Optionenliste äußerst umfangreich, was Schaltungsvarianten und Komponentenauswahl betrifft.
Der Stahlrahmen zeigt saubere Schweißnähte und die Verarbeitung inklusive Lackierung (sämtliche RAL-Farben sind gegen Aufpreis möglich) scheint mir makellos.
Um meine gewohnte Sitzposition bzw. Fahrergonomie zumindest halbwegs beizubehalten, tauschte ich den Sattel gegen meinen Selle An-Atomica und die Citypedale gegen SPD-Klickpedale. Das Einstellen der Lenkerhöhe per Speedlifter dauerte Sekunden und lässt sich auch während der Fahrt werkzeugfrei durchführen. Und dann ging es los. Als Teststrecke diente meine kurze Hausrunde mit knapp 50 Kilometern und 550 Höhenmetern, Steigungen bis 9% und teilweise ziemlich schlechtem Straßenbelag.
Der erste Eindruck war etwas zwiespältig, denn die 20 Zoll Laufräder mit Schwalbe Big Apples sind im Vergleich mit den gewohnten 28er Rädern gerade bei langsamer Geschwindigkeit etwas kippelig. Dieses Gefühl verliert sich aber mit jedem Kilometer und kann natürlich auch als „wendig“ ausgelegt werden, was in der Stadt durchaus von Vorteil sein kann. Die Big Apples sind so komfortabel, wie sie aussehen und bügeln tatsächlich alles weg, was das Fahren gerade auf schlechten Straßen entspannt, weil man nicht auf jedes Steinchen achten muss.
Der verbaute Truvativ Stylo Riser mit satten 680mm Breite war für meinen Geschmack viel zu breit und ergab mit der aufrechten Sitzposition die berühmte Scheunentor-Aerodynamik, die aus Gründen der Übersicht gerade in der Stadt durchaus sinnvoll ist und die man bei einem derartigen Rad nicht überbewerten sollte. Und auch bei voll beladenem Frontgepäckträger bzw. Lowrider mag ein breiterer Lenker durchaus mehr Kontrolle erlauben. Aber man kann eh den Lenker wählen, der am besten zu einem passt.
Wie zu erwarten, funktionierte die Nexus Nabenschaltung sanft und problemlos und die Magura HS33 sind als Felgenbremse ohnehin eine Klasse für sich, was Wirkung und Dosierbarkeit betrifft.
Erst Vorurteile, dann Vorteile
Im Grunde ging ich mit vielen Vorurteilen an diese Testfahrt und hatte eine ziemlich schwerfällige Angelegenheit erwartet. Aber dann kam alles etwas anders: Schon beim ersten Flachstück registrierte ich verblüfft, dass man auch dieses Minibike mit kompletter Reise-/City-Ausstattung und knapp 18 kg Gewicht ziemlich mühelos mit 25km/h bewegen kann. Auch zwei 1,5km Steigungen mit 7-8% waren leichter zu bewältigen als gedacht und würden bei optimierter Sitzposition noch leichter von der Wade gehen. Die Kraftübertragung war spürbar gut und die Big Apples rollen bekanntermaßen sehr leicht.
Das große Aha-Erlebnis kam dann beim Versuch, eine kurze 3% Steigung im größten Gang der Nexus und im Wiegetritt zu erledigen. Hier zeigt sich vor allem das Potenzial des kompakten Stahlrahmens mit fettem, zum Steuerrohr bzw. Sitzrohr ovalisiertem Unterrohr und den charakteristischen Dreiecks-Verstrebungen.
Ich konnte problemlos und absolut verwindungsfrei beschleunigen und die Steifigkeit des Rahmens war bei jedem Tritt spürbar. Hier scheint mir gewährleistet, dass der Rahmen selbst bei voller Zuladung mit Packtaschen kaum an seine Grenzen kommen dürfte. Und dass die 160kg „offizieller“ Zuladung tatsächlich realistisch sind. Auch bei einer Abfahrt auf lausigem Asphalt mit 45km/h fühlte ich mich jederzeit sicher. Hier müsste allerdings die Nexus z.B. durch eine Alfine 11 bzw. andere Kettenblatt-/Ritzelwahl ersetzt werden, denn die tretbare Übersetzung reichte nur bis ca. 38km/h.
Jaja, mir geht es eigentlich nicht um Geschwindigkeit, aber neugierig war ich dann schon, was mein GPS-Tacho zu vermelden hatte: tatsächlich war ich auf meiner Hausrunde im Schnitt nur ca. 1,5km/h langsamer als etwa mit dem 5-6 kg leichteren und ergonomisch perfekten Vogel Randonneur. Genau das bringt mich auch zum Fazit dieses Tests:
Fazit: Kompakter Allrounder für kleine und große Aufgaben
Das i:SY take:it Steel spielt mit seinen kleinen Rädern und kompakten Maßen seine Stärken naturgemäß insbesondere dann aus, wenn man das Bike transportieren muss (z.B. in Bus/Bahn oder auf der Urlaubsfahrt) oder durch seine Wendigkeit im Stadtverkehr bzw. auf dem Werksgelände. Der sehr stabile und vielseitige Stahlrahmen macht es aber auch zu einem praktischen Allrounder für den Alltag sowie für große und kleine Touren. Ich könnte mir den Rahmen ohne schwere Alltagsausstattung, dafür mit Schwalbe Kojak Slicks und Kettenschaltung (Schaltungsauge ist vorhanden) auch als Mini-Speedbike vorstellen. Oder mit Rennlenker, Shimano Alfine 11 und Versa Schalt-/Bremshebeln als Mini-Randonneur, was wohl meine favorisierte Variante wäre.
Wer also ein Allround-Bike mit Stahlrahmen und kompakten Maßen sucht, aber keine Lust auf ein Faltrad hat, dürfte beim i:SY take:it Steel richtig liegen. Mich hat es positiv überrascht.
tn_o sagt:
Pedale austauschen war eine gute Idee – an meinem Faltrad haben sie nach etwa anderthalb Jahre das Zeitliche gesegnet (Ganzjahresbetrieb)…
Was mich davon abhält, das Faltrad gegen ein (Stahl-i:SY) einzutauschen, ist folgende Passage in den AGBs der Betreibergesellschaft in der Radlhauptstadt:
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Bitte beachten Sie, dass zu folgenden Zeiten auch in U- und S-Bahn keine Fahrradmitnahme zulässig ist (Sperrzeiten):
Montag-Freitag (außer Feiertage): 6 – 9 Uhr und
Montag-Freitag (außer Feiertage und Schulferien): 16 – 18 Uhr
Für die Fahrradmitnahme ist eine so genannte Fahrrad-Tageskarte erforderlich (siehe unten), außer für komplett zusammengeklappte Falträder und kleine Fahrräder bis 20 Zoll Reifengröße (Kinderräder).
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Ergo packe ich weiterhin den Falter zusammen, und bete innigst, dass der Platz nicht für andere Fahrgäste gebraucht wird ( mal wieder Kurzzug anstatt Langzug, weil die Transportkapazitäten auf das Nötigste zusammenrationalisiert wurden :-(( ).
Und dann hat man noch die Unverschämtheit, zu behaupten, man wäre Radlhauptstadt….
s. auch:
http://www.merkur-online.de/lokales/stadt-muenchen/wenn-klapprad-nicht-klappt-2292399.html
tn_o
tn_o sagt:
Achja,es geht auch anders:
http://ottawa.ca/en/roads_trans/cycling/safety/cy_8/index.html
Heidewitzka sagt:
In der wahren Radlerhauptstadt geht’s auch anders:
Inhaber von Schülertickets, Geschwisterkarten, Tickets für Auszubildende/Schüler und Semestertickets für Berlin AB und Berlin ABC können ihr Fahrrad unentgeltlich befördern.
Fahrräder können in S- und U-Bahnen, im Bahn-Regionalverkehr sowie in Straßenbahnen in den gekennzeichneten Wagen mitgenommen werden, sofern es der Platz erlaubt (gegebenenfalls entscheidet darüber das Personal).
In den Nächten ohne U-Bahn-Nachtverkehr, also in den Nächten von Sonntag/Montag bis Donnerstag/Freitag kann in den Omnibuslinien N1 bis N9 ein Fahrrad mitgenommen werden, sofern hierfür ausreichend Platz vorhanden ist. Ausnahme: die Nächte vor Feiertagen.
anton sagt:
In Wien ist es sogar für alle kostenlos, das Rad in die Ubahn zu nehmen!
Allerdings nicht im Berufsverkehr, und weder in Bus noch Straßenbahn…
—-
„Die Mitnahme von Fahrrädern ist nur in der U-Bahn zu folgenden Zeiten möglich:
Mo. bis Fr. von 9 bis 15 Uhr und ab 18.30 Uhr
Sa., So., Fei. ganztägig
Ab 1. Mai 2012 können Sie ihr Fahrrad kostenlos transportieren.
In Straßenbahnen und Autobussen dürfen – aus Platzgründen – nur zusammengeklappte Fahrräder befördert werden.“