Der Winter ist die perfekte Jahreszeit, um sich Gedanken über die Wartung (engl. Maintenance) und Pflege (engl. Care) seines Rads zu machen. Das häufig gegen Stahlrahmen ins Feld geführte Argument des Rosts bzw. der Korrosion lässt sich nämlich durch ein paar Handgriffe entkräften und seinem Rad kann dadurch bei entsprechender Handhabung ein nahezu ewiges Leben geschenkt werden.
Hier sind unsere Tipps:
Der wahrscheinlich wichtigste Punkt ist die Hohlraumkonservierung. Wenn man nicht gerade Clark Kent heißt, ist es relativ schwer zu sehen wie der Rahmen und auch die Gabel von Innen aussehen. Industriell gefertigte Stahlrahmen kommen zwar mit einer sogenannten ED Black-Beschichtung (schwarze kathodische Tauchlackierung). Aber auch diese Beschichtung bietet keinen dauerhaften Schutz gegen Rost und Korrosion. In der Oldtimer-Welt hat sich Fluid Film AS-R als Mittel der Wahl durchgesetzt. Dabei handelt es sich um ein stark kriechendes Rostlösemittel auf Lanolinbasis (gesundheitlich unbedenklich). Der Hersteller gibt die Wirkdauer mit 4 Jahren an. Die Praxis zeigt allerdings eher, dass eine jährliche Auffrischung insbesondere bei häufigem / täglichen Gebrauch ratsam ist. Für die einfachere Anwendung in langen Rohren gibt es eine 60cm-lange Hohlraumsonde mit Rundumdüse als Zubehör. Gern werden die Ketten- und Sitzstreben sowie die Gabeln vergessen. Auch lohnt sich immer ein Blick durch die Flaschenhalterösen. Am besten lässt sich das Rad hohlraumversiegeln, wenn es komplett auseinander gebaut ist und für einen Tag freihängen kann. Das Öl braucht eine Weile bis es in jede Ecke gekrochen ist und kann unten zum Tretlager auch herauslaufen beziehungsweise -tropfen. Es ist also empfehlenswert etwas unterzulegen.
Neben der inneren spielt die äußere Pflege natürlich auch eine große Rolle. Es gibt Produkte von unterschiedlichen Herstellern wie z.B. NIGRIN, Muc-Off und SKS. Der Sinn dieser Produkte ist, dass das Fahrrad eine Schutzschicht bekommt und Wasser und Dreck nicht direkt auf dem Lack stehen und damit wirken können. Die Produkte sind in der Regel auf das gereinigte und trockene Fahrrad anzuwenden. Rahmen, die regelmäßig gereinigt und gewachst werden, lassen sich auch besser wieder reinigen, weil der Schmutz nicht „festbacken“ kann. Auch stellen Steinschläge an der Fahrradunterseite ein Einfalltor für Korrosion dar. Durch die äußere Konservierung kann dem vorgebeugt werden.
Wenn man sein Fahrrad immer direkt nach der Benutzung putzt, bietet sich alternativ klassisches WD-40, wie es wahrscheinlich jeder zuhause hat, an. Das WD steht für Water Displacement (Wasserverdrängung) und eignet sich daher sehr gut, um insbesondere schwer zugängliche Stellen kurzfristig vor Wasser zu schützen.
Sollte sich doch mal Rost bilden, ist es wichtig diesen so schnell wie möglich zu beseitigen, damit es an dieser Stelle nicht „weiterblüht“. Dafür eignet sich am besten ein sogenannter Rostumwandler, den man lokal auf den Rost aufbringt. Damit an dieser Stelle nicht wieder neuer Rost entstehen kann, bedarf es einer weiteren Schutzschicht, wie z.B. Lack oder Konservierungswachs. Wem die Optik besonders wichtig ist, kann farblich passende Lackstifte beim Lackierer seines Vertrauens kaufen (die Farbe kann entsprechend der Rahmenfarbe gemischt werden).
Ist die Lackierung beziehungsweise die Pulverbeschichtung doch langsam eher ein Schweizer Käse, sollte man das Geld in ein neues Gewand investieren. Bei bereits pulverbeschichteten Rahmen ist dabei zu beachten, dass die restliche Pulverbeschichtung in der Regel nur chemisch entfernt werden kann und die bereits oben erwähnte innere ED Black-Beschichtung dabei ebenfalls entfernt wird. Das führt zu einem höheren Pflegebedarf von Innen. Generell sind Pulverbeschichtungen langlebiger und widerstandsfähiger als Nasslackierungen, dafür aber auch schwerer und nicht so filigran aufgrund der größeren Schichtdicke (insbesondere bei gemufften Rahmen sehr auffällig).
Last but not least, ein Hinweise, den man nicht oft genug geben kann: Fettet alle Fügestellen gut ein! Das gilt insbesondere für Tretlagerschalen, Steuersätze, Schaltaugen, Wasserflaschenhalterschrauben und natürlich SATTELSTÜTZEN.
Solltet ihr noch mehr oder andere Tipps und Hinweise haben, könnt ihr sie uns gern in den Kommentaren schreiben.
Matze sagt:
Super Artikel, hat mir sehr geholfen. Ich habe nur noch eine offene Frage: Wenn ich im Rahmen Rost finde, soll ich dann zuerst den Rostumwandler/Konservierungswachs auftragen und DANACH den Fluidfilm mit der langen Düse reinpusten oder die beiden Schritte umgekehrt? Das Kona in ihren Stahl Roves keine ED Tauchlackierung anbringt, finde ich erschreckend, wenn man den minimalen Produktionsaufwand betrachtet. Nach nicht mal 3 Monaten schon das ganze Sattelrohr voll Flugrost – ein Schock für ne arme Kirchenmaus wie mich…. Eine weitere Frage: Die Schraube unter dem Tretlager, die die ohnehin unwichtige Zugführung fixiert…lieber komplett entfernen zur Belüftung oder drin lassen, damit nicht noch mehr Dreck ins Tretlager kommt? Habe mir jetzt eine Quick Release Sattelklemme bestellt, weil man mir geraten hat, nach Regenfahrten die Sattelstütze raus zu nehmen und das Rad auf den Kopf zu stellen. Bei Kälte gibt es ordentlich Kondensfeuchte wenn man wie ich das Rad in der Wohnung lagern muss… Nächsten Winter werde ich mir mal ein Endoskop ausleihen. Danke im voraus an mögliche Antwortengeber und Stahlfreaks.
Roman Elsner sagt:
Hi,
Unterm Tretlager sind normalerweise zwei Löcher: eins zum Wasserablassen und eins für die Zugführung. Sollte nur eins da sein, kann man die Schraube getrost weglassen. Im Rahmen brauchst du eig ausschließlich Fluidfilm. Da wird kein weiterer Rostumwandler benötigt.
Ich hoffe, ich konnte weiterhelfen!
VG Roman
Thomas Karbowski sagt:
Interessant zu wissen, dass industriell gefertigte Stahlrahmen mit einer sogenannten ED Black-Beschichtung kommen. Mein Onkel möchte sich auch einen Stahlrahmen für sein Fahrrad kaufen. Ich leite ihm diesen Beitrag weiter, damit er von den Besonderheiten wie zum Beispiel von der Beschichtung Kenntnis nimmt. Auf der Suche nach weiteren Infos bin ich auf die Webseite https://www.sundb-halle.de/leistungen/stahlkonstruktionen-fuer-gewerbe gestoßen.
Thomas Karbowski sagt:
Gut zu wissen, dass sich das häufig gegen Stahlrahmen ins Feld geführte Argument des Rosts bzw. der Korrosion durch ein paar Handgriffe entkräften lässt. Mein Neffe möchte sich im Bereich der Stahlproduktion ausbilden lassen. Er hält es für wichtig, dass man weiß, dass die Korrosion des Stahls durch Handgriffe zu entkräften ist. Auf der Suche nach weiteren Infos bin ich auf die Webseite https://www.spaeter.ch/c/bewehrungsstahl-3_1_2-armierungsstahl_003 gestoßen.
Dennis Becker sagt:
Mein Onkel würde sich gerne eine Halle aus Stahl bauen lassen. In diesem Zusammenhang ist es auch gut zu wissen, dass man Fahrräder aus Stahl insbesondere im Winter regelmäßig warten und pflegen sollte. Ich hoffe, dass er einen passenden Anbieter finden wird.
https://www.fpbaumanagement.at/de/leistungen/stahlbau
Florian Farber sagt:
Ich habe ein Stahlfahrrad, welches ich sanieren möchte. Gut zu wissen, dass die Hohlraumkonservierung dabei sehr wichtig ist. Ich werde mir rostfreien Stahl für die Sanierung bestellen.
https://www.bse-kehl.de/de/effiziente-stahlproduktion.php
Frohs, Günter sagt:
Guten Tag, ich habe einen Rennradrahmen ( Favorit ) Baujahr ca. 1955 bis 1960 erstanden. Hat mehrere alte Lackierungen übereinander. Wo kann ich ihn fachgerecht neu lackieren lassen, um auch mal bei Retroveranstaltungen mitzumachen? Günter Frohs, Am Saidenbach 7, 09618 Mittelsaida