Nein, dies ist keine Restauration eines französischen Constructeur-Randonneurs á la Alex Singer oder René Herse. Vielmehr ist dies eine Neukonstruktion im Kundenauftrag von Bryan Hollingsworth aka Royal H Cycles mit vielen klassischen Komponenten wie Mafac-Bremsen, Huret Schaltung und Umwerfer und T.A. Kurbel.
Als Basis dient ein sehr feiner, vollverchromter Fillet Brazed Stahlrahmen mit Bilaminate Steuerrohr und gemuffter Gabel. Der Nabendynamo sorgt für moderne Illumination. Der Rest ist einfach nur zum Genießen schön:
Christoph sagt:
Rahmen und Gabel sind schön, und aus der Distanz betrachtet ist auch das Gesamtbild stimmig. Beim Blick auf die Details offenbaren sich aber zahlreiche Schwächen, die sich die Messieurs Singer und Herse sicher nicht erlaubt hätten:
Der Träger, an Rädern dieser Art eine der wichtigsten Komponenten, ist ein rustikal zusammengebratenes Konfektionsmodell aus dem Velo-Orange-Programm, das nicht nur nicht waagerecht sitzt, sondern durch das Fehlen entsprechender Führungen auch eine sehr wenig elegante Verlegung des Lichtkabels mittels Kabelbindern erzwingt. Ob der Ausleger mit der Lampe dauerhaft an seinem Platz bleiben wird oder sich auf ruppigen Strecken selbstständig macht, wird wohl die Praxis zeigen.
Dass sich die Farbe der Reifen mit der des Lenkerbands beißt, welches ohne Schellack aber eh nur mit weißen Baumwollhandschuhen angefasst werden sollte, dass Schaltung, Kurbel und Bremsen hinsichtlich des Alters nicht zusammenpassen und letztere durchaus angetan sind, den Fahrspaß nachhaltig zu trüben, und dass die Felgen auch ein klassisch-flaches Profil hätten haben dürfen, fällt dagegen kaum ins Gewicht. Vielleicht kommt der Eigentümer ja eines Tages selbst drauf. Und vielleicht lernt Bryan Hollingsworth irgendwann, dass perfekte Integration aller Komponenten nicht beim Ausstatten des Rahmens mit entsprechenden Anlötteilen endet.
Es gibt aber junge Rahmenbauer, die den französischen Constructeurs dicht auf den Fersen sind, zum Beispiel Mitch Pryor von MAP Cycles, und natürlich Leute wie Peter Weigle, die schon seit Jahren auf sehr hohem Niveau solche Räder bauen. Das gelingt meines Erachtens aber nur mit viel Mut zur Spezialisierung – das Konzept, je nach Kundenwunsch heute einen Crosser, morgen ein Bahnrad, übermorgen einen 29er und irgendwann eine 650B-Randonneuse zu bauen, lässt zu wenig Gelegenheit, sich die beim Herstellen solcher anspruchsvollen Räder notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten anzueignen.