Ich schäme mich nicht, die unerhört passende Überschrift von Blogger-Kollege Brian von thewashingmachinepost für diesen Artikel zu nutzen. Denn genau das trifft es auf den Punkt.
Wer sich ein wenig mit der Rahmenbauer-Szene beschäftigt und wer ohnehin einen Hang zu kleinen Rahmenbau-Manufakturen hat, stellt schnell fest, dass genau dieser persönliche Aspekt einen der wesentlichen Unterschiede zur Fahrrad-„Industrie“ darstellt.
Anstelle distanzierter Technik und Produktvielfalt im Laden verkauft ein Rahmenbauer immer ein gutes Stück seiner Persönlichkeit mit, seinen Stil, seine Philosophie und sein individuelles Können. Und auch auf Produktseite wird der Kunde genau das bekommen, was wiederum seiner Persönlichkeit und den individuellen Eigenheiten entspricht – ob es sich dabei um die Auswahl der Rohrsätze, die Geometrie, Anbauteile oder die Lackierung handelt.
Deshalb geht der Kauf eines Maßrahmens bei einer Rahmenbau-Manufaktur über die Bestellung und Bezahlung einer Ware weit hinaus. Es ist vielmehr ein Gespräch zwischen zwei Menschen, an dessen Ende die Basis für ein Fahrrad steht, das wie ein Handschuh passt.
Richard Sachs ist einer der Urväter der pulsierenden amerikanischen Rahmenbauer-Szene und Mentor vieler Newcomer. Ihn kurz zu portraitieren, ist genau so unmöglich, wie Mal schnell mit einem Bonanza-Rad den Tourmalet zu bezwingen. Deshalb lasse ich es besser und berichte demnächst über die Film-Dokumentation „Imperfection is Perfection“, die vor wenigen Jahren über ihn gedreht wurde.
Im Velocipede-Salon, einem Web-Forum, in dem sich auch die amerikanischen Rahmenbauer tummeln, hat Richard nun vor kurzem einen Club namens Smoked Out gegründet. Hier können sich Rahmenbauer ganz persönlich vorstellen – mit Ihrer Geschichte, die Sie zum Rahmenbau geführt hat, mit ihrem Denken und mit allem, was über die technische Seite des Rahmenbaus hinaus geht. Oder, wie Richard es beschreibt: „Framebuilders tell their stories in the first person and hold a conversation with Vsalonistas.“
Stand Heute teilen bereits 8 Rahmenbauer ihre Gedanken (und Hunderte lesen und kommentieren, was sie zu erzählen haben), von denen man auf Firmen-Websites nie etwas zu lesen bekommt. Das ist eine ungeheuer spannende Fundgrube und hilft dabei, die Beweggründe, aber auch die täglichen Herausforderungen von Rahmenbauern besser zu verstehen und tiefer in die Rahmenbauer-Szene einzutauchen.
So schreibt der alte Hase Carl Strong von Strongframes beispielsweise: „I’m in this to build frames. To cut and burn my fingers, go to work clean and come home dirty. I like the smell and sound of the welder and I love the smell of new tires. Nothing beats pulling a newly assembled bike off the stand and checking out its shape and the way it sits on the ground. I love building frames and I feel lucky every day that Framebuilding found me.“
Oder ganz anders Newcomer und Halbtags-Rahmenbauer Jonathan Greene: „I’m Jonathan Greene of Jonathan Greene Cycles and my story is a journey. There was not some single point in time that a light went on in my head and I decided I wanted to be a part time framebuilder. The Journey has taken my whole life. I have a day job, or actually a career. I manage investment portfolios for high net worth retail investment clients for a firm everyone has heard of. I use words in my day gig like standard deviation, duration, correlation, convexity, alpha, etc. In the evenings I build bicycle frames; frames that hopefully will be raced or used hard. I don’t have to use many words when I’m in the shop. I can just work in my own solitude with only the sounds of the file cutting steel or the bellow of the torch filling the air.“
Das ist es. Darum geht es. Darum sollte es gehen. Wie kann etwas Einzigartiges entstehen, wenn individuelle Wünsche durch herausragende individuelle Fähigkeiten in ein Produkt verwandelt werden? Welche Menschen und Denkweisen machen dies möglich? Und womit vertreiben die sich sonst den ganzen lieben Tag?
Ja, Rahmenbauer sind auch Menschen. Zum Glück! Denn nur so entsteht Vielfalt abseits der Masse. Und nur so entsteht etwas, das jenseits von vorhersehbaren Produktentwicklungszyklen bestehen bleibt – für Rahmenbauer und Kunden.
Great idea, e-Richie!
gabelstapler sagt:
Das ist ja nicht nur bei euch Rahmenbauer so, das ist in vielen Fachsparten, zum Glück gibt es Leute die einen Tick anders denken als die Masse sonst hätten wir einiges schönes oder Praktisches in Unsere Welt nie entdeckt.