Ich bin bekennender Fotografie-Fan. Von allen Kunstformen ist sie es, die mich am meisten anspricht, berührt und inspiriert. Warum? Vielleicht, weil es diese kurzen eingefangenen Augenblicke sind, die in meiner Vorstellung so lange Geschichten erzählen können.
Gelegentlich stöbere ich über die Fotografie-Plattform Lumas, um Neues zu entdecken … oder einfach nur so aus Lust am Foto. Erst vor kurzem habe ich dabei Klaus von Frieling entdeckt. Der 1967 geborene Foto-Künstler widmet sich nur in Teilzeit seiner Passion. Während des Studiums der Germanistik und Politikwissenschaft arbeitete er als freier Kulturjournalist und schrieb über Musik und Kunst für lokale und überregionale Zeitungen und Zeitschriften. Seit dem Jahr 2000 arbeitet er als Fachredakteur bei einem medizinischen Verlag. Klaus von Frieling wohnt in Oldenburg, ist verheiratet und hat vier Töchter.
Das folgende Foto, das mich zuerst bei Lumas begeisterte und auf seine Spur lockte, erklärt, warum ich auf dem Stahlrahmen-Blog über einen Fotografen schreibe. Und warum ich sofort auf die Idee kam, Klaus von Frieling mit meinen 10 Fragen zu quälen. Freundlicherweise setzte er sich dieser Qual ohne Zögern aus. Danke dafür!
Übrigens: Es geht mir nicht nur um das Fahrrad in den Fotos. Dieses gab nur den Anstoß für die Interview-Anfrage. Vor allem aber fasziniert mich die Klarheit im Bildaufbau in Kombination mit den knalligen Farben und dem Blick für einfache und doch besondere Strukturen. Einfach eine spannende Mischung. Mehr Fotos – auch ohne Fahrräder – gibt es auch auf seiner Website.
1. Auf Ihren Fotos ist verdächtig oft ein Fahrrad als Objekt zu sehen. Was steckt dahinter? Das Fahrrad dient eigentlich immer als Bezugsobjekt für den Rest des Bildes. Meine Fotos sind ja in der Regel zweidimensional, eine Tiefe gibt es nur selten. Das Fahrrad durchbricht diese Zweidimensionalität. Dass es sich dabei um ein Fahrrad handelt, ist eher aus der Not geboren. Sollte vor Ort etwas anderes zur Verfügung stehen, das auch optisch etwas hergibt, würde ich auch das nehmen.
Wenn ich zum Fotografieren unterwegs bin, ist das Fahrrad mein liebstes Fortbewegungsmittel. Zu Fuß sind die zurückzulegenden Strecken einfach zu weit, und mit dem Auto fahre ich zu schnell an möglichen Objekten vorbei. Allerdings ist mir auch zu unangenehm, andere Sachen mitzuschleppen, die ich dann auf dem Foto platzieren könnte. Das fände ich auch irgendwie albern. Denn mir geht es auch darum, die Objekte wenigstens annähernd so abzulichten, wie ich sie vorgefunden habe. Meine Bilder sind ja auch nicht großartig nachbearbeitet, verfremdet oder eingefärbt und niemals retuschiert. Das ist nicht meins. Und das Fahrrad ist da ein wenigstens halbwegs selbstverständlicher Gegenstand – zumindest in diesen Breitengraden.
2. Ist das ein besonderes Rad oder könnte es jedes x-beliebige sein? Es ist immer das Rad, mit dem ich gerade unterwegs bin. Im Urlaub ist das durchaus auch mal eines, das ich mir dort ausgeliehen habe.
3. Offensichtlich hat das Rad einen Stahlrahmen. Haben Sie eine besondere Vorliebe für Stahlrahmen-Bikes oder ist das eher Zufall? Wie bei meinen Bildern mag ich auch bei Fahrrädern die Reduktion. Mein Traum wäre ein Rad, bei dem die Kabel, Lampen, Bremsen, Schutzbleche und dergleichen nicht zu sehen sind, nur der Rahmen, Räder, Sattel, Lenker, Pedale. Andererseits soll mein Rad auch immer praktisch sein, sodass ich möglichst viel transportieren kann. Dazwischen suche ich den Kompromiss.
4. Einsame-Insel-Fangfrage: Wenn Sie wählen müssten zwischen einem Fotoapparat und einem Fahrrad … ? So lange es befestigte Wege gibt, eindeutig das Fahrrad.
5. Das Fahrrad als im Grunde simpler Gegenstand wird in Ihren sehr klaren geometrischen Bildern fast schon zum komplexen Störfaktor. Ein gewollter Kontrast oder sehe das nur ich so? Ja, sicherlich ein Störfaktor und ein sehr bewusster. Wenn es nur die Flächen und Farben wären, wäre das auch mir zu langweilig. Dann hat das Auge nichts, woran es hängenbleiben kann und kein Bezugsobjekt, um die Größenverhältnisse einzuordnen. Am deutlichsten wird das sicherlich bei dem ersten Foto, auf dem mein Rad zu sehen ist (gemeint ist das folgende mit dem Pfeil, Anm. d. Stahlrahmenbloggers).
6. Könnten Sie sich vorstellen, eine Fotoserie zu realisieren, in der Fahrräder oder Radfahrer die Hauptrolle spielen – ob dokumentarisch oder künstlerisch? Das wäre mal eine willkommene Herausforderung. Vermutlich würde ich sie aber wieder vor Wänden auf und ab fahren lassen. Oder auf dem Deich mit ganz viel blauem Himmel im Hintergrund.
7. Welche Art Radfahrer sind Sie? Alltagsradler, Radsportler, Reiseradler …? Alltagsradler – zum Leidwesen meiner Frau, die mich gerne öfter zu Ausflügen überreden würde. Für mich ist das Fahrrad immer noch in erster Linie ein Gebrauchsgegenstand und dabei nicht nur eine Alternative zum Auto. Wenn ich könnte, würde ich komplett auf ein Auto verzichten. Eine Wasserkiste mit dem Rad zu transportieren oder auch im Regen zu fahren, finde ich nicht schlimm. Ich bin ein Befürworter autofreier Innenstädte und unterstütze auch die Critical-Mass-Bewegung.
8. Sie wohnen im flachen Oldenburg. Ist das Fahrrad Ihr Hauptverkehrsmittel? Ja, unbedingt. Ich fahre täglich einen Teil meines Arbeitsweges mit dem Rad, manchmal auch den gesamten. Das sind mehr als 22 km und dafür benötige ich fast eine Stunde.
9. Haben Sie noch andere Fahrräder oder hätten Sie gerne noch andere? Ich besitze nur ein Rad, und das ist inzwischen auch schon älter als 10 Jahre. Gerne hätte ich auch zwei oder drei Räder: eines für Transporte, eines für Ausflüge und eines für das Alltägliche. Leider ist die Diebstahlrate in Oldenburg auch sehr hoch. Mir wurde sogar schon zweimal der Ledersattel geklaut, deshalb habe ich den jetzt mit einem eigenen Schloss gesichert – was meinem Wunsch nach Reduktion sehr entgegensteht.
10. Was sind Ihre nächsten Foto-Projekte oder Ausstellungen – mit oder ohne Fahrrad? Das weiß ich zurzeit noch nicht. Mein Traum wäre eine Foto-Tour quer durch Deutschland. Wenn ich auf der Autobahn an Industriegebieten vorbeifahre, würde ich gerne längere Abstecher dorthin machen. Ich sammle dafür auch bereits geeignete Orte und bin für Tipps immer zu haben.
Zu meinem eigenen Leidwesen interessieren mich außer grafischen Formen andere Aspekte der Fotografie nicht so sehr, sodass ich da durchaus eingeschränkt bin. Wenn ich Landschaften fotografiere oder Makros mache, langweilen die Ergebnisse mich meist schon, bevor ich sie auf dem großen Monitor sehe. Vielleicht wohne ich dafür auch einfach in der falschen Gegenstand, denn besonders spektakulär ist es hier ja nicht gerade.
Porträtfotografie könnte ich mir noch gut vorstellen, aber dort eine eigene Bildsprache zu entwickeln, ist eine große Herausforderung. Auf jeden Fall würde ich auch dort wieder auf der Suche nach Formen, Linien und Flächen sein. Ich glaube, da gibt es auch noch etwas zu entdecken, wenn man nur ausreichend Zeit dafür hat – genau daran fehlt es mir aber zurzeit.
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