Vom Wert der einfachen Dinge: 10 Fragen an Düsselrad

Ich habe gefühlt schon ein paar Tausend Mal erwähnt, dass mir Radläden besonders gut gefallen, die einen klaren Fokus haben (und idealerweise vor allem auf Stahlbikes setzen). Man könnte das auch „ein Konzept“ nennen, das über ein möglichst massenhaftes Verkaufen von ebenso massenhaften Rädern hinausgeht.

Beispielsweise Düsselrad in … genau … Düsseldorf. Hofladenbesitzer Jojo Maes treibt ausschließlich klassisch-schlichte Stadt-Land-Holland-Räder an, die ihren Stil eher aus der Einfachheit und Solidität beziehen als aus Lifestyle-Attributen. Bei Düsselrad finden sich u.a. Marken wie Abici, Amsterdam, Batavus, aber auch schwedische Stahlperlen wie Pilen und Kronan, das deutsch-moderne Pendant Retrovelo und die Pedersen-Manufaktur von Michael Kemper. Dazu gesellt ich das, was mir ebenfalls besonders gut an Radläden gefällt: die gute alte Hausmarke namens … Überraschung … Düsselrad: schnickschnackfreie Stadträder für die Dame und den Herrn aus gemufften CroMo-Rahmen mit 3-8 Nabengängen, Wunschfarbe und Wunschausstattung.

Übrigens: die Lektüre der Website ist ein sinnvolles und äußerst spaßiges Vergnügen, weshalb ich sie jedem Radler dringend ans Herz lege.

Jojo ließ sich freundlicherweise nicht lange bitten und hat meine unverzichtbaren 10 Fragen in absolutem Rekordtempo beantwortet:

1) Seit wann gibt es Düsselrad und wie würdest Du Dein Shop-Konzept beschreiben? Düsselrad gibt es seit 2004. Entstanden ist der Laden aus der Idee, nach über 20 Motorrad- und Fahrradwintern auch zu wissen, was die anderen Leute mit dem Fahrrädchen so brauchen, und die Sache ist vom Fleck weg „explodiert“. Ich bin ein echter Zweiradmensch, immer gewesen, aus Leidenschaft, mit und ohne Motor, und habe letztlich mein Hobby zum Beruf gemacht. (Und so siehts hier auch aus, es steht einfach alles durcheinander. Viele kommen, einfach, um ein „lebendes Museum“ zu sehen … hallo, dabei fühlen wir uns gar nicht als Fossilien?!)

2) Du setzt bei Deinen Marken überwiegend auf Stahl als Werkstoff. Was bedeutet Stahl für Dich im Vergleich mit anderen Materialien? Einfach besser: billiger, hübscher anzusehen, haltbarer, bessere Umweltbilanz, und ich kriege keinen Augenkrebs von Wurstrahmen mit Riesenschweißnähten. Aus Aluminium baut man m.E. einfach besser Flugzeuge, aber weder fiese Audis noch Fahrräder.

3) Gibt es Kunden, die Vorurteile gegenüber Stahlrahmen haben, z.B. in punkto Gewicht, und was sagst Du ihnen? Das gewicht interessiert keinen, wenn die Rahmenwinkel stimmen. Kann man in Wuppertal natürlich so nicht sagen, aber hier ist alles flach.

4) Wie siehst Du den Stahltrend bei Fahrrädern? Ist er als Teil des „Urban Style“ schon wieder vorbei, startet er gerade erst durch oder ist es sozusagen ein permanenter Trend? Der „Trend“ ist mal gut hundert Jahre alt. Ein Fahrrad ist wie ein Stuhl: vor langer Zeit erfunden, und dem ist nicht wirklich viel hinzuzufügen. Es sind die Gruselkisten aus Alu, mit 99 Gängen für 99 Euro, die kommen und gehen. Alles in Obi … oder Kinderkram, wie, einem Rennrad die Schaltung abzunehmen und es wichtig „Singlespeed“ zu nennen … oder „Fixie“ ….. bwaaahahahaha!!

5) Wie bist Du darauf gekommen, eine Stahl-Hausmarke zu produzieren? Nach 30 Jahren Zweiradleben isses einfach hübsch, mal was Flatschneues dastehen zu haben und der eigene Name steht drauf. Ist gut für´s Ego ;-) Möglich wurde mir das durch das Zusammenspiel mit einem Bielefelder  Zulieferer, der mir die Rahmen pulvert und mit dem ich den Bausatz aushecken durfte.

6) Planst Du weitere Modelle für Deine Hausmarke? Ich hätte gerne einen ruhigeren Herrenrahmen mit mehr Nachlauf. Ich arbeite dran. Ansonsten: nö.

7) Woher kommen Deine Kunden? Nur aus Düsseldorf, aus der Region oder auch darüber hinaus? Meine Kunden pilgern, was mich sehr (!) ehrt. Ich habe dieses Jahr in alle umliegenden Städte verkauft, an die Ostsee, nach Salzburg und nach München, nach Bielefeld (das gibt’s wirklich!) und nach Paderborn, es war gut was los.

8) Wie viel Zeit hast Du selbst noch zum Radfahren? LOL – wenig. Aber mangels Auto kommt schon noch was zusammen. Außerdem fahre ich meine Reparaturen gern Probe.

9) Welche Räder fährst Du am liebsten? Alte Holländer, 30er-Jahre-Kisten, alle Sorten fliegende Baumstämme, die ich mit dem Hintern lenken kann.

10) Was sind Deine nächsten Projekte oder Pläne? Die kommenden Jahre zu bleiben, wer ich bin, weder wegen der üblen Gesamtsituation aufhören zu müssen, noch, mich für Lifestyle-Affen verbiegen zu müssen. Einfach mich auf der bestehenden Schiene weiterentwickeln zu können: ich werde besser, jedes Jahr. Ich mag es simpel und solide, Fahrräder finde ich wie Bier oder Brötchen: die wird es immer geben, und eben Bier und Brötchen zeigen sehr gut, das die ganz einfachen Dinge manchmal sehr, sehr gut sind.

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