Seit fast einem Jahr sieht man nun in Sachsen und insbesondere in Leipzig quietschige und kunterbunte Stahlrahmen über die Straßen und durch das Gelände rollen. Höchste Zeit Mario Vogel und Jan Dlouhy, die Jungs hinter Dlouhy Cycles besser kennenzulernen.
Was treibt Euch an? Wie seid Ihr zum Radsport und dann später zum Rahmenbau gekommen?
Mario: Zum Radsport hab ich schon in meiner frühen Jugend gefunden, mein erstes Rennrad war ein 26Zoll Diamant aus Chemnitz, weil die Beine damals noch zu kurz für die 28Zoll Räder waren. Auch wenn ich später nicht mehr im Verein gefahren bin, war das Rad für mich immer die erste Wahl. Egal ob es der tägliche Weg zur Arbeit, die schnelle Abendrunde durch den Wald oder ausgedehnte Radreisen waren, treibt mir die frische Luft um die Nase ein Lächeln ins Gesicht. Um das Jahr 2010 fand ich zum Bikepolo und damit indirekt den Bezug zum Rahmenbau. Da der Sport zu dieser Zeit noch in den Kinderschuhen steckte und es keine Räder im Laden zu kaufen gab, wurden an alte MTB Gabeln Scheibenbremsaufnahmen gelötet und die Rahmen an wichtigen stellen verstärkt. Was durch meine technische Ausbildung und den vorhanden Brenner eine leichte Übung war. Jetzt hat man sich auch mehr mit dem Thema Geometrie auseinandergesetzt und so kommt eins zum anderen.
Jan: Meine Begeisterung fürs Fahrrad begann während meiner Studienzeit in Chemnitz mit 80er Jahre Rennrädern. In dieser Zeit baute ich auch mein erstes Fixie auf und bald gab ich das erste mal “richtig viel” Geld (1000€) für ein Fahrrad, ein 100mm Hardtail, aus, mit dem ich sehr viel im Chemnitzer Hügelland unterwegs war. Das Studium der Sportgerätetechnik in Chemnitz führte über kleine Umwege dann in die Konstruktions- u. Entwicklungsabteilung eines großen deutschen Fahrradherstellers. Dort lernte ich sehr viel von dem, was jetzt im Maßfahrradrahmenbau essentiell ist. Vor allem das Wissen um die Herangehensweise zur Entwicklung einer individuellen Rahmengeometrie passend zum gewünschten Einsatzgebiet kommt aus dieser Zeit. Bei Robert (Big Forest) habe ich dann das erste mal einen Brenner in der Hand gehalten und kurz darauf baute ich in Marios Werkstatt in Leipzig Plagwitz das DlouhyCycle #zero – Als Tracklocross Bike konzipiert, ist es heute mit dicken 27,5” Reifen, einem Frontgepäckträger und Schutzblechen mein Daily Grinder.
Was für Räder baut Ihr und wie stellt Ihr die Rahmen her?
Wir bauen Räder aus Stahl auf Kundenwunsch, solange es (momentan noch) keine Tandems oder Lastenräder sind. Bisher haben wir vor allem Allroad-, und Road plus Räder mit jeweils im Detail individuellen Konzepten gebaut. Aber auch Crosser und MTBs mit Singlespeed-Option gehören zum Portfolio.
Wir lieben die cleane Optik von muffenlos verlöteten Rahmen und so ist das fillet brazed Verfahren unsere Wahl für das Fügen der Rahmenrohre – auch wenn es extrem arbeitsintensiv ist.
Was macht Eure Räder besonders? Worauf legt Ihr besonderen Wert?
Das aller wichtigste bei an einem Fahrradrahmen ist auf jeden Fall, dass er im Einsatz, für den er konzipiert und gebaut wurde, perfekt funktioniert. Hierfür sind einige Dinge wie Rahmengeometrie, Wahl des Rohrsatzes und die technischen Schnittstellen zu Anbauteilen essentiell. Dazu gehört für uns auch, dass wir aktuelle Standards (Steckachse, Flat Mount, T47, Boost,…) an unseren Rahmen umsetzen.
Wir mögen den Look (und die Steifigkeit) von Rahmen mit „Oversized-Rohren“, wir verlegen Brems- u.Schaltzüge am liebsten komplett unsichtbar in den Rahmenrohren und auf Grund von Ästhetik und Performance gibt´s, bis auf eine Ausnahme, bisher nur DlouhyCycles mit Scheibenbremse.
Eine herausragende Besonderheit unserer Räder ist die individuelle Lackierung. Bei der Dlouhy Cycles-Farbgebung ist wirklich alles möglich. Unser Designer Mario Pitsch (Instagram: @wide_ways) bringt in seinem Studio auch die komplexeste Rahmengrafik auf´s Metall.
Was ist Euer Lieblingsrohrsatz?
Gern gestellte Frage. Den Lieblingsrohrsatz gibt es so nicht. Wir kombinieren die Rohre je nach Anspruch des Kunden an sein Traumfahrrad. Hauptsächlich Columbus, viel Zona, oft Life.
Was war Eure größte Herausforderung bisher?
Der Sprung ins kalte Wasser. Wir haben beide unseren Job gekündigt, um von da an Fahrradrahmenbauer zu sein. Wir haben, um überhaupt mit einer geeigneten Werkstatt in Leipzig starten zu können, einige Förderanträge stellen müssen. Das hat am Anfang finanziell einiges einfacher gemacht, sorgte aber im Vorfeld auch erstmal dafür, dass wir monatelang mehr am Papier statt am Metall gefeilt haben.
Wir können gerade (noch) nicht vom Rahmenbau leben und müssen auch nebenbei irgendwie Geld verdienen. Die Herausforderung seinen Lebensunterhalt ausschließlich durch das Ausüben seiner Leidenschaft – dem Fahrradrahmenbau – zu bestreiten, bleibt wohl noch für einige Zeit präsent.
Zum Abschluss noch eine kleine Auswahl der farbenfrohen und besonderen Räder von Dlouhy Cycles.
Mehr Infos zu Dlouhy Cycles findet Ihr hier: