Big Trouble in Little Petaluma: Hilferuf von Bruce Gordon

Bruce Gordon ist im US-amerikanischen Rahmenbau seit einigen Jahrzehnten eine feste Größe und genießt bereits Legendenstatus. Und dann das im Gordon-Blog: „We need to receive some custom orders to keep the doors open. We have been trying to keep our heads up, but we need your help to keep doing what we love to do: make beautiful, functional bicycles.“

Das nenne ich einen Besorgnis erregenden Hilferuf, der wieder einmal Anlass gibt, über die Situation des Maßrahmenbaus im Zeitalter der Massenproduktion nachzudenken. Auch von einem anderen namhaften amerikanischen Rahmenbauer habe ich über einen deutschen Kunden die aktuelle Mitteilung bekommen, dass dieser aufgrund schlechter Auftragslage ans Aufhören denkt.

Klar ist: bei 4 Millionen verkauften Fahrrädern in Deutschland pro Jahr und einem durchschnittlichen Preis von 450 (!!!) Euro ist der Stahlbike-Markt und insbesondere der Maßrahmen- und Custommarkt eine verschwindend kleine Nische. Das macht nichts, solange man die paar Dutzend Kunden pro Jahr findet, die einem das Überleben sichern. Aber wenn das selbst einer Legende wie Bruce Gordon nicht mehr gelingt, könnte man sich schon Sorgen machen, auch wenn das eventuell auch mit der enormen Herstellervielfalt gerade in den USA zu tun haben könnte, die sich in Zukunft sicher ausdünnen dürfte.

Es scheint, als wäre jetzt der Anfang dazu gemacht. Warten wir’s ab.

0 Kommentare zu “Big Trouble in Little Petaluma: Hilferuf von Bruce Gordon

  • Thorsten H. sagt:

    Habe mir in den letzten 4 Jahren 3 Stahlräder kaufen „müssen“, ein wenig spezieller dank Fahrergewicht. Dabei hatte ich mit vielen deutschen Herstellern und Rahmenbauern und einigen Händlern Kontakt und wirklich eines gelernt: Fahrradkauf lehrt Demut!

    Wenn es nicht eher Marketing / Lifestyle „getriebene“ (….-driven) Firmen, sondern gerade eben Handwerker und Künstler Rohr waren, desto mehr war Kundenorientierung und -Pflege ein Fremdwort. Sehr merkwürdig, wenn es doch eigentlich um Massfertigung geht.

    Ich kann da sehr gut nachvollziehen, warum dann Kunden nach dem X versprochenen aber nie erfolgten Rückruf den gleich grossen Sack voll Geld lieber zu Highend-Marken mit Fetrtigrädern, z. b. Idworx oder Velotraum tragen.

    Wobei ich die beiden obigen Firmen nicht kenne und ich deren Situation bedauere.

  • Hallo Thorsten,

    ich weiß nicht, bei welchen Rahmenbauern Du warst, aber die, die ich persönlich kenne, ticken da etwas anders. Allerdings fallen mir spontan auch 2 Namen ein, die immer wieder in diesem Zusammenhang genannt werden.
    Bruce Gordon gibt es seit 30 Jahren, insofern hat er sicher einiges richtig gemacht. Woran es jetzt liegt, kann ich natürlich auch nicht sagen. Aber wenn er sich so äußert, muss es wohl ein massives Problem sein.

    Viele Grüße
    Iwo

  • Wenn ich mir anschaue, was Bruce Gordon so baut, dann ist das natürlich eine extrem kleine Nische, die er bedient. Nicht nur der Fokus auf Reiseräder für echte Spezialisten, sondern auch die extrem aufwändige Verarbeitung und sehr spezielle Gestaltung.

    In der kleinen Nische ist man natürlich ohnehin stark vom Zufall abhängig, dafür schlagen allgemeine Trends nicht immer voll durch – oder aber umso schlimmer.

    Und natürlich nehm‘ ich dem Mann sofort ab, dass er tolle Rahmen bauen kann, aber erstens brauche ich das, was er offenbar am liebsten macht, überhaupt nicht, und zweitens gefällt mir sein Stil auch gar nicht. Allgemeiner gesagt: Wenn sich einer gestalterisch UND preislich UND vom Anwendungsbereich so speziell aufstellt, dann muss er sich einfach darüber klar sein, dass sein Geschäft mit ’nem richtig hohen Risiko läuft. Das kann dann mal eng werden.

    Auch wenn man das bedauern mag, das ganz sicher. Also wünsch‘ ich ihm weiterhin die wenigen speziellen Kunden, die er braucht.

    Gruß, svenski.

  • Hallo,

    von außen sind die Gründe – insbesondere über den großen Teich – nicht zu beurteilen.

    Was mir bei Bruce Gordon aber auffällt, ist dass er über seine höchst aufwändig und verspielten Muffenarbeiten bei (vorwiegend) Stahlrahmen.bekannt ist und mit diesen in Verbindung gesetzt wird. Das ist sein Image. (sieht man ja auch an der Reaktion eines Vorredners / Vorschreibers).

    Solch aufwändigen Arbeiten kann man kaum durch angestelltes Personal machen lassen, da die Personalkosten viel zu hoch wären.

    Bruce Gordon hat aber – den Videos zu folge – einige Mitarbeiter und bietet auch geschweißte „Standardrahmen“ mit einfachen Lackierungen / Beschichtungen an.

    In meinen Augen passt also das (hart erarbeitete) Image (höchst individueller, verspielter Stahlrahmenbau) nicht ganz mit der Firmenstruktur und dem tatsächlichen Rahmenangebot (von „normal“ zu aufwändig – von Carbon über Titan zu Stahl) zusammen.

    Wie geschrieben: Von außen kann man es nicht beurteilen. Daher ist es nur eine persönliche Einschätzung mit viel Kaffee-Leserei.

    Schade wäre es auf jeden Fall, wenn BG schließen würde.

    Viele Grüße
    Ulrich

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*